Die Gemeinde Rhauderfehn zieht zur Halbzeit ihrer kommunalen Wärmeplanung eine erste Zwischenbilanz. Nach dem Startschuss im November 2024 liegt nun eine detaillierte Bestands- und Potenzialanalyse vor, die gemeinsam mit dem Energienetzbetreiber EWE NETZ erarbeitet wurde. Sie bildet die fachliche Grundlage, um die lokale Wärmeversorgung strategisch und klimafreundlich weiterzuentwickeln.
Einblicke in die Bestandslage: Hoher Gasanteil und alter Gebäudebestand
Der jährliche Wärmebedarf in Rhauderfehn beträgt rund 162,9 Gigawattstunden. Den Großteil macht mit 85,4 Prozent das Gasnetz aus, gefolgt von Heizöl (8,4 %), Biomasse (3,4 %) und Strom (1,7 %).
Etwa 66 Prozent der Gebäude wurden vor dem Jahr 1979 errichtet – also vor Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung. Dennoch zeigt die Auswertung der Verbrauchsdaten, dass rund 75 Prozent der Gebäude in die Effizienzklassen A+ bis D fallen, was auf individuell durchgeführte Sanierungen hinweist.
Ein weiterer wichtiger Befund betrifft den Zustand der Heizungsanlagen: Knapp 28 Prozent sind älter als 20 Jahre, bei Heizölkesseln liegt das Durchschnittsalter sogar bei 23 Jahren. Rund 8 Prozent der Heizungen sind älter als 30 Jahre.
Wärmeplan als Orientierung für die Praxis
„Als Gemeinde tragen wir Verantwortung für die klimafreundliche Wärmeplanung. Die Zwischenbilanz zeigt uns, wo wir stehen Damit schaffen wir eine Informationsbasis für individuelle aber auch gemeinschaftliche Handlungsansätze“ betont Bürgermeister Geert Müller.
Auch Klimaschutzmanager Alexander Hülper sieht in der aktuellen Zwischenbilanz einen wichtigen Meilenstein: „Die Ergebnisse helfen uns, Klarheit darüber zu gewinnen, wo wir als Gemeinde stehen – und welche konkreten nächsten Schritte sinnvoll sind. Damit schaffen wir Transparenz und geben sowohl Bürgerinnen und Bürgern als auch Unternehmen eine verlässliche Perspektive.“
So kann Rhauderfehn künftig klimafreundlich heizen
Die Potenzialanalyse zeigt, dass Rhauderfehn über vielfältige Möglichkeiten verfügt, erneuerbare Energien zur Wärmeerzeugung zu nutzen. Besonders aussichtsreich ist die Nutzung von Solarthermie auf Dächern, gefolgt von oberflächennaher Geothermie – also der Gewinnung von Wärme aus dem Erdreich in wenigen Metern Tiefe. Beide Technologien ermöglichen eine klimafreundliche Versorgung direkt vor Ort.
Die künftige Wärmeversorgung wird sich größtenteils dezentral entwickeln – mit individuellen Lösungen, die an Gebäude und Standorte angepasst sind. Neben Solar- und Erdwärmenutzung zählen dazu auch Wärmepumpen, die sich bereits heute in vielen Haushalten bewähren und perspektivisch an Bedeutung gewinnen werden.
In einem Teilbereich der Gemeinde wurde zudem ein besonders hoher Wärmebedarf auf engem Raum festgestellt. Dort könnte ein gemeinsames Wärmenetz künftig wirtschaftlich betrieben werden. Ob dies wirtschaftlich und technisch umsetzbar ist, soll eine weiterführende Machbarkeitsstudie zeigen.
Digitale Planungswerkzeuge als Schlüssel zur Umsetzung
„Mit der Wärmeplanung legen wir den Grundstein für konkrete Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion“, erklärt Marcus Krücken, Projektleiter für Kommunale Wärmeplanung bei EWE NETZ. „Die nächsten Schritte umfassen die Entwicklung eines Zielszenarios, die Festlegung von Wärmenetzeignungsgebieten und die Erarbeitung eines Maßnahmenkatalogs.“
Dabei kommt der „Digitale Zwilling“ zum Einsatz – ein modernes Planungsinstrument, mit dem sich die gesamte Wärmeinfrastruktur der Gemeinde abbilden, simulieren und optimieren lässt.
„Der Digitale Zwilling hilft uns, Potenziale objektiv sichtbar zu machen – und liefert eine belastbare Grundlage für politische Entscheidungen vor Ort“, ergänzt Gerrit Pruss, Kommunalbetreuer bei EWE NETZ.
Bürgerorientierung und gesetzlicher Rahmen
Die Gemeinde Rhauderfehn setzt bei der Wärmeplanung auf Transparenz und Beteiligung. Die bislang vorliegenden Ergebnisse werden auf der nächsten Sitzung des Ausschusses für Hochbau und Planung am 11.06.2025 vorgestellt.
Mit der Erstellung des Wärmeplans erfüllt Rhauderfehn frühzeitig die Anforderungen aus dem Niedersächsischen Klimagesetz (NKlimaG) sowie dem neuen Wärmeplanungsgesetz (WPG) des Bundes. Ziel ist eine weitgehend klimaneutrale Wärmeversorgung bis spätestens 2045.